VW Passat Variant 3B mit Autogas-Anlage



Bei der Suche nach einem geeigneten Verbrauchtwagen mit grüner Plakette fand ich einen Passat Variant mit eingebauter Autogas-Anlage.
Damit kann man mit Autogas (LPG) und mit Benzin fahren.

Der Passat Bj. 2000 stammte ursprünglich aus Frankreich, die Gasanlage war 2003 in Brest nachträglich eingebaut worden.

Die eingebaute Anlage stammt von AG Autogas Systems (NL), es ist eine SGI Typ 1 mit Verdampfer und sequentieller Gaseinspritzung.
Der Tank (BRC-STAKO 630*250mm, 60 Liter brutto macht 48 Liter netto) ist an Stelle des Reserverades in der Heckmulde eingebaut, der Tankstutzen für die italienischen Dish-Pistolen liegt in der Stoßstange.

Der Tank ist grenzwertig klein. Das Multiventil bedurfte einer Nachjustierung, damit statt 42 die vorgesehenen 48 Liter in den Tank passen.
So beträgt die Reichweite nun 300-380 km.
Ein Tank 650*270mm mit 70/56 Liter Inhalt ist mit angepaßtem Reserveraddeckel auch einbaubar und von der Reichweite angemessener.

Im Motorraum sieht das dann so aus:

Bei abgenommener Motorabdeckung sieht man die flachen SGI-Injektoren vom Typ 600.050, hergestellt von SAGEM.

In Fahrtrichtung vorne links ist der kompakte Verdampfer mit Gasdrucksensor eingebaut, Zuleitung vom Tank 8mm

Der SGI-Computer neben dem Akku ist so beschriftet

Die Software meldet sich an der seriellen Schnittstelle jedoch so (der Motor hat natürlich 30 Ventile):

IDENTIFICATION

VAG APR, ACK, ALG 2.8 30v

Version: APR___v1.108 (108)

Date: 05.12.01

Injector: 600.050.


Die Diagnose erfolgt über den dreipoligen Anschluß mit einem einfach herzustellenden Adapterkabel über eine serielle Schnittstelle.

Die Beschaltung des Kabels für den 9-poligen RS232-Anschluß sieht so aus:

Die serielle Schnittstelle kann über das Windows-Programm Hyperterminal angesprochen werden, der Vorteil dabei ist, daß man die ausgegebenen Werte einfach aufzeichnen kann.

Das SGI-Interface mit eingebautem MAP- (Saugrohrabsolutdruck-)Sensor nimmt das Einspritzsignal an den Benzineinspritzventilen ab und steuert mit den Signalen aus dem SGI-Computer die Gasinjektoren an, es ist innen an der Spritzwand befestigt.

Das Schema der Anlage ist insofern interessant, daß zwar alle 6 Benzineinspritzdüsen ihre Signale ain das Interface übergeben, die Gasinjektoren dagegen teilsequentiell angesteuert werden: Zylinder 1 und 3 gemeinsam und Zylinder 4 und 6 gemeinsam.

Schema Gasanlage AG SGI Type 1 für Passat V6 30V

Die Zündfolge dieses V6 mit 90° Zylinderwinkel zeigt da nächste Bild, der Motor hat einen gleichmäßigen Zündabstand von 120°KW.

Der Prozessor im AG SGI-Rechner Typ 1 ist ein Motorola 8bit-Prozessor vom Typ MC68HC711E9CFN2 mit ROM, RAM und EEPROM auf dem Chip.

Der Aufbau des Speichers ist wie folgt:

von bis Bytes Bedeutung Inhalt
0000 01FF 512 RAM Variable Daten (gemessene Signalwerte, Fehlercodes etc.
1000 103F 64 64-Byte Registerblock
B600 B7FF 512 EEPROM Motorabhängige spezifische Software
BF00 BFC0 192 BOOT ROM Rechnerstart nach dem Einschalten
BFC0 BFFF 64 Special Modes Interrupt Vectors
D000 FFC0 12224 ROM/EPROM Hauptptrogramm identisch für alle Fahrzeuge/
FFC0 FFFF 64 Standard Modes Interrupt Vectors
0000 FFFF 65535 Gesamtbereich 64k

Der Bereich B600-B7FF (EEPROM) kann bei Bedarf mit Hyperterminal über die serielle Schnittstelle angepaßt werden.

Die Umschaltung vom Benzin- auf den Gasbetrieb erfolgt gleitend.

Umschaltstrategie

Nach dem Starten des Motors wird er zunächst mit Benzin betrieben. Abhängig von der Motor- bzw. Kühlmitteltemperatur erfolgt die Umschaltung auf LPG.
Bei fast leerem Gastank wird bei niedrigem LPG-Druck im Verdampfer in Kombination mit Überschreitung einer motorabhängig eingestellten Öffnungszeit der Gasinjektoren auf Benzinbetrieb zurückgeschaltet.
Um diesen Zustand dem Fahrer anzuzeigen, ertönt ein akustisches Signal und die Leuchtdioden auf dem LPG-Umschalter erlöschen.

Übergang vom Benzin- in den Gasbetrieb

Der Motorstart erfolgt mit Benzin. Bei erreichen der eingestellten Umschalttemperatur öffnen die beiden LPG-Magnetventile. Dadurch wird der leere Gasraum vom Tank über den Verdampfer bis vor die Einspritzventile mit Gas gefüllt und der Gasdruck im System wird aufgebaut.


Nach einer programmierten Übergangszeit und Überschreitung einer ggf. programmierten Mindestdrehzahl erfolgt via Interface die Unterbrechung der Signalwege zu den Benzineinspritzdüsen und die Ansteuerung der Gas-Injektoren durch den SGI-Computer.
Das bedeutet, daß eine evtl. vorgesehene Abschaltung der Kraftstoffpumpe nicht direkt mit der Stromzufuhr zu den LPG-Magnetventilen gekoppelt werden kann, sondern bis nach Ende der Umschaltphase verzögert werden muß.

Leider habe ich bisher nichts über einen "Notstart" mit Gas herausgefunden, die Software sieht das wohl nicht vor. Schade, diese Funktion hätte ich schon das eine oder andere Mal gerne benutzt, vielleicht hat jemand eine gute Idee, wie so etwas realisierbar ist....

Und hier meine Unterlagen zu dieser Anlage:

AG SGI Type 1 Händlerinformation (englisch)

AG SGI Type 1 Diagnosehandbuch (englisch)

AG SGI Type 1 Einbauanleitung V6 30V (en, fr, nl)

AG SGI Type 1 Betriebsanleitung (deutsch)

AG SGI Type 1 Kalibrierung Gemisch und Umschalttemperatur (deutsch)

(c) 2010-2012
Arthur Rudolph
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